Bewertung Koalitionsvertrag: Verkehr

Der gestern veröffentlichte Koalitionsvertrag bleibt nicht nur in vielen zentralen Zukunftsfragen hinter den Erwartungen zurück. Wichtige Impulse für den Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine nachhaltige Modernisierung bleiben aus. Es wird sogar ein großer Schritt zurück beim Klimaschutz gemacht, ein Abwickeln von relevanten Klimaschutzmaßnahmen findet statt, die die letzte Bundesregierung durch unseren Grünen Einsatz beschlossen hat. Besonders im Bereich Verkehr wird deutlich, dass die Chance auf eine zukunftsorientierte Neuausrichtung nicht ausreichend genutzt wird. Hier eine kurze Bewertung des Verkehrsteils:

Planungsrecht
Die geplante Reformierung des Verbandsklagerechts sowie die Ausrichtung auf die „tatsächliche Betroffenheit“ ist ein klarer Angriff auf die wichtige Arbeit von Umweltverbänden. In Zeiten der Klimakrise schafft die Förderung fossiler Infrastruktur eine Betroffenheit über geografische Grenzen hinaus. Aus diesem Grund muss das Verbandsklagerecht in seiner aktuellen Form bestehen bleiben!

Einzig erfreulich ist das Vorhaben, den identischen, erweiterten und vollseitigen Ersatzneubau bei Infrastrukturvorhaben von der Pflicht eines Planfeststellungsverfahrens auszunehmen.

Straße
Erschreckend ist der Plan, Finanzierungskreisläufe für Verkehrsträger, die wir in der letzten Wahlperiode aufgebrochen hatten, wieder zu schließen. Die würde bedeuten, Einnahmen kommen nur dem jeweiligen Verkehrsträger zugute. Das Resultat wäre: Die Straße finanziert wieder nur die Straße, was bei der Bahn zu einem Finanzloch von ca. 6 Mrd. Euro jährlich führt, den Neubau von Straßen fördert und somit die Transformation weiter behindert. Hinzu kommt die neu angedachte begrenzte Kreditfähigkeit der Autobahn GmbH und somit noch mehr Geld für den Neubau.

Schiene
Eine gute Nachricht ist die geplante Einführung eines Eisenbahninfrastrukturfonds, für den sich die Grünen schon lange einsetzen. Unklar lässt der Koalitionsvertrag, wie der Fonds ausgestaltet werden soll, der für die Planungssicherheit von neuen Bauprojekten und somit auch das Profitieren von günstigeren Preisen unerlässlich ist.

Digitalisierung und Elektrifizierung
Die Digitalisierung und die Elektrifizierung der Bahn planen CDU/CSU und SPD, aus dem KTF zu finanzieren. Das zeigt, dass die Union bis heute nicht verstanden hat, welche Aufgabe der KTF im Rahmen der Transformation hat. Es geht nicht darum, die verfügbaren Gelder nur in den Ausbau von technischer Infrastruktur zu strecken, Klimaschutz geht viel weiter! Aus diesem Grund müssen Gelder für die Digitalisierung und Elektrifizierung der Bahn aus dem Sondervermögen oder dem Haushalt beschafft werden, um Mittel für die weiteren notwendigen Transformationsprozesse zur Verfügung zu stellen.

Erfreulich ist, dass laut dem Koa-Vertrag endlich auf die Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses für die Elektrifizierung von Bahnstrecken verzichtet sowie die Schienenanbindung nach Polen und Tschechien verbessert werden soll. Hier stehen große Projekte an: der Ausbau der Franken-Sachsen-Magistrale und der Metropolenbahn, den Erzgebirgstunnel und die Elektrifizierung der Ostbahn. Es bleibt abzuwarten, wie ernsthaft die KleinKo dieses Ziel verfolgen wird.

Auto
Anstatt den ÖPNV und das Bahnnetz mit aller Kraft aufzubauen, setzt die neue Koalition durch die Erhöhung der Pendlerpauschale vor allem auf Vergünstigungen für Reiche und die Förderung des Individualverkehrs. Auch der Zuschuss zum Führerschein führt an der Lösung des eigentlichen Problems, fehlender ÖPNV auf dem Land, krachend vorbei.

Im Bereich des Güterverkehrs spricht der Koa-Vertrag zum einen von der Verlagerung der Güter auf die Schiene, möchte jedoch auf der anderen Seite die „Mehrfachbelastung“ des Lkw-Verkehrs durch die CO2-Bepreisung reduzieren. Diese Maßnahme macht den Transport von Gütern über die Straße logischerweise attraktiver und führt eben nicht zur angedachten Verlagerung.

Im Bereich der Verkehrssicherheit und des Klima- und Umweltschutzes wird wenig überraschend weiterhin nicht auf ein Tempolimit gesetzt.

Bahn
Die dringend nötige Bahnreform soll mittelfristig umgesetzt werden, genauso wie die Reform des Trassenpreissystems. Die Frage ist jedoch, wie realistisch es ist, dass sich die Koalitionspartner auf eine gemeinsame Ausgestaltung einigen können. Weitere Fragezeichen bleiben auch bei der Frage, wie genau der DB Konzern umgestaltet werden soll. Es gibt zwar die Idee, InfraGO vom DB Konzern stärker zu trennen, eine Konkretisierung findet sich jedoch nicht, was eine ernsthafte Änderung unwahrscheinlich macht. Sorgen bereitet mir auch, wie die KleinKo die DB Cargo wettbewerbsfähiger machen will. Aktuell ist die Cargo in großen Schwierigkeiten und beantwortet diese mit Stellenabbau und Sparmaßnahmen.

Luftverkehr
Die geplanten Maßnahmen der CDU/CSU im Flugverkehr sind erschreckend und tragen die Handschrift eines Hobbypiloten mit Privatinteressen. Zum einen soll die erhöhte Luftverkehrssteuer zurückgenommen werden. Zum anderen sollen Steuerzahler*innen nicht wirtschaftliche Regionalflughäfen finanziell retten. Diese Maßnahmen sind nicht nur schlecht für das Klima und haben keinen Mehrwert für Anwohnende, sondern fördern insbesondere Wohlhabende.

Verkehr
Fatal ist auch das Festhalten am Bundesverkehrswegeplan (BVWP), das bedeutet im Klartext: Ein weiter wie bisher beim Straßen- und Autobahnneubau. Dabei müssten viele Projekte, die seit Jahrzehnten im Plan enthalten sind, dringend überprüft und ggf. gestrichen werden. Eine wirkliche Lösung wäre ein Bundesmobilitätsplan, der Mobilität ganzheitlich denkt und nicht eine Ansammlung von Einzelprojekten darstellt, die teilweise miteinander konkurrieren.

ÖPNV
Im Bereich ÖPNV wird sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Finanzierung des ÖPNV auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen. Das bedeutet auch harte Verhandlungen mit den Ländern mit unsicherem Ausgang. Unklar bleibt auch, welche „neuen Verkehre“ die KleinKo fördern will, denn teilweise verfangen sich die sonst eher sehr generellen Forderungen in Kleinstideen wie Magnetschwebebahnen oder Hyperloop Strecken. Dabei sind die notwendigen Technologien bereits vorhanden, sie müssten nur ernsthaft gefördert werden.

Positiv kann bewertet werden, dass die GVFG-Mittel aus dem Sondervermögen aufgestockt werden sollen, was den Kommunen Gelder aus diesem Topf zugänglich macht. Genauso sollten jedoch auch andere Infrastrukturprojekte über das Sondervermögen gefördert werden.

Eine Weiterfinanzierung ist auch für das Deutschlandticket angedacht: Dieses soll bis 2029 preisstabil bleiben. Mittelfristig soll der Preis des Tickets jedoch steigen, was es generell unattraktiver macht. Durch das Erfolgsprojekt der Ampel sind viele Bürger*innen auf die Bahn umgestiegen und es konnten innerhalb von 20 Monaten 2,3 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden. Anstatt Steuergelder in die Förderung von Regionalflughäfen zu stecken, sollten wir Menschen mit geringem Einkommen die Teilhabe am ÖPNV ermöglichen.

Rad- und Fußverkehr
Ideen zum Rad- und Fußverkehr finden sich im Koa-Vertrag fast gar nicht. Das offenbart den Fokus dieser neuen Koalition auf motorisierte und wohlhabende Bürger (richtig gegendert).

Foto von Mari Helin auf Unsplash


Statement zum Koalitionsvertrag

Zur Veröffentlichung des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD äußert sich Victoria Broßart, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus Rosenheim wie folgt:

„Der Koalitionsvertrag wird vor allem zu Enttäuschung führen, denn er ist jetzt schon dazu verurteilt, an der Realität zu scheitern. Alles darin steht unter dem Vorbehalt, überhaupt Geld im Haushalt dafür auftreiben zu können. Das ist bei vielen Punkten trotz Sondervermögen jetzt schon unrealistisch. Die Kleine Koalition macht einfach dort weiter, wo die große Koalition unter Merkel aufgehört hat. Zwar werden einige gute Impulse für die Wirtschaft gesetzt, doch hauptsächlich gibt es Geschenke für Lobbygruppen und Reiche. Die normalen Bürgerinnen und Bürger profitieren kaum. Zudem sollen viele gesellschaftliche Errungenschaften zurückgedreht werden. Es gibt weder einen Aufbruch noch eine Leitlinie für die Zukunft. Wichtige Themen wie der immer größer werdende Rechtsextremismus oder die immer stärker wirkende Klimakrise werden gar nicht angegangen, dabei merken wir bei beiden den immer größer werdenden Einfluss auf unsere Gesellschaft. Immerhin das Deutschlandticket bleibt uns erhalten. Jedoch wird jetzt schon deutlich, dass der Verkehrsbereich weiterhin die Klimaziele verfehlen wird. Die einseitige Abhängigkeit vom Auto wird weiter gefördert, Fuß- und Radverkehr kommen praktisch gar nicht vor. Insgesamt ist es leider ein Papier, dass den Herausforderungen unserer Zeit nicht gerecht wird.“


Die Grüne Fraktion im neuen Bundestag

Heute hat sich der 21. Deutsche Bundestag konstituiert. Unsere Grüne Fraktion besteht aus 85 Abgeordneten, die sich weiterhin unermüdlich für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine Gesellschaft, die zusammenhält, mit voller Kraft einsetzen werden.

Ich freue mich sehr, mit so vielen tollen Menschen zusammen für Sie/euch zu arbeiten.


Für Rosenheim in den Bundestag

Ich kandidiere bei der Bundestagswahl 2025 für die Grünen im Wahlkreis Rosenheim. Besonders am Herzen liegen mir eine sichere und klimafreundliche Verkehrspolitik sowie lebenswerte Städte mit mehr Grünflächen. Als Ingenieurin und Ehrenamtliche bei der Wasserwacht möchte ich mich für echte Veränderungen stark machen, gemeinsam für eine gerechte und nachhaltige Zukunft.

Im Rahmen meiner Bundestagskandidatur sprach ich mit der ovb-online, die alle Bewerber*innen vorstellt. Mein „Steckbrief“ ist HIER abrufbar.